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Der BSB CW Blog

In unserem Blog finden Sie alle aktuellen Nachrichten und Meldungen des Bezirkssportbund Charlottenburg-Wilmersdorf e.V. praktisch nach Datum gelistet.


Pressekonferenz „Sport und Flüchtlinge – beschlagnahmte Hallen“

Klaus Böger: „Es ist ungeheuerlich, dass sich der Senat nicht an seine eigenen Beschlüsse hält.“

Man kann in etwa erahnen, wie dramatisch die tatsächliche Lage ist, wenn ein in diplomatischer Wortwahl geübter LSB-Präsident Klaus Böger so ziemlich jedwede Sprachmilderung beiseite lässt und geradezu kritisiert: „Es ist für uns nicht akzeptabel, wie der Berliner Senat mit dem organisierten Sport beim Freizug der als Notunterkünfte für Flüchtlinge beschlagnahmten Hallen umgeht.“ So geschehen auf der Pressekonferenz in der Gerhard-Schlegel-Sportschule des LSB in Berlin-Schöneberg am 7. November, die – auch dies zeugte von der Brisanz des Themas – auf starke Resonanz bei den Medien gestoßen war. 

Die Zahlen zur Sache sprachen für sich und den berechtigten Ärger bei den Verbänden und Vereinen. 63 Hallen waren Ende 2015 beansprucht worden, von Beginn an unterstützte der Sport die Willkommenskultur mit Integrationsangeboten – und tut dies, wie Böger ausdrücklich betonte, weiterhin. Dass der Freizug der Hallen dabei wichtige Komponente ist, scheint einer Reihe von Verantwortlichen in der Politik allerdings nicht bewusst zu sein. Der Umgang mit eigenen Versprechen und Beschlüssen – zuerst war davon die Rede, dass alle Hallen bis Schulanfang 2016/2017 geräumt sein sollen, dann war vom inzwischen wieder aufgegebenem Jahreswechsel die Rede (siehe Pressemitteilung des Senats vom 13. September 2016), dann sprach der Finanzsenator am Rande einer Pressekonferenz am 25. Oktiber vom Sommer 2017. Ärger, Frust, manchmal auch Wut bei den LSB- und den anwesenden Vertretern aus sechs Vereinen, die über ihre Vor-Ort-Erfahrungen berichteten, waren unüberhörbar. 

Laut Böger sei man an der Basis „verbittert, in welch unmöglicher Weise der Freizug angegangen wird“. Man erwarte vom Senat, dass der sich an seine eigenen Aussagen, Beschlüsse und Versprechen halte. Dass dies nicht geschehe, sei „ungeheuerlich“. Gerade mal 23 der ursprünglich 63 beschlagnahmten Hallen seien bis dato geräumt, nur zwei davon nach einer mehr oder minder provisorischen Reinigung wieder „am Netz“ und vom Sport nutzbar. Die übrigen seien noch zu sanieren, wofür im Vorausgang ein einigermaßen umständliches bürokratisches Ausschreibungsverfahren erfolgen müsse, weshalb viele der bereits freigezogenen Hallen seit Wochen oder Monaten leer stünden. „Mit dieser Bilanz ist Berlin das absolute Schlusslicht in Deutschland“, stellte Böger fest, dem nicht einleuchten wollte, „warum bei uns nicht geht, was in Hamburg, Stuttgart oder Köln möglich ist“. Seine angehängte Frage hatte denn in diesem Kontext auch nur noch rhetorischen Charakter: „Wie lange will die Berliner Politik noch Vertrauen bei den Menschen verspielen?“ 

LSB-Infrastruktur-Vizepräsident Thomas Härtel äußerte „erhebliche Zweifel“ an der Verlässlichkeit der Senatsbekundung, man wolle nun zum Ende des Schuljahres 2016/17 alle Hallen wieder frei haben. Derzeit stünden viele der zuvor als Unterkünfte akquirierten Hallen leer, „ohne dass konkret sichtbar wird, dass die Sanierung begonnen hat oder wenigstens in Auftrag gegeben ist“. In Berlins Politik bestehe ein „Zuständigkeitswirrwarr“, in dem man sich selber – gewollt oder ungewollt – gegenseitig blockiere. Im Ergebnis müssten unter den verursachten Zuständen – so Böger und Härtel unisono – vor allem die Vereine „massiv leiden“. 

Das, so belegten es die O-Töne von Kirsten Ulrich (Karower Dachse), Thomas Raapke (Volleyball BSV 1982), Anja Herzog (SV Luftfahrt Ringen), Gudrun Seeliger (CfL Berlin, Hockey/Tischtennis), Hendrik Gay (Hockey TC 1899 Blau-Weiß) und Patrick Hanisch (Handball BFC Preußen), finde Niederschlag vor allem in zum Teil erheblichen Mitgliederverlusten und finanziellen Einbußen. Mit jeder Hiobsbotschaft sinke der Stimmungspegel, „die Leute haben mitunter die Schnauze voll“, beschrieb Seeliger die „Ernüchterung“, die einfache Mitglieder, vor allem aber auch die unermüdlichen Ehrenamtlichen oft bis an die Grenze belaste. 

LSB-Präsident Klaus Böger resümierte die Beschreibung mit den Worten: „Hier stirbt langsam eine lange aufgebaute Infrastruktur, hier stirbt Vertrauen in die Politik und deren Verlässlichkeit.“ Eben diese aber fordere der Sport auch in eigener Sache ein. „Man kann nicht in Sonntagsreden immer wieder die Sportstadt Berlin feiern, und dann will es am Montag keiner mehr gewusst haben!“ Die Pressekonferenz sei deshalb Not- und Weckruf zugleich. 

Dies sah auch Kaweeh Niroomand, Sprecher der Initiative der Berliner Profivereine und Manager von Double-Gewinner BR Volleys, ganz genauso. Sein Team war durch die Nutzung des Horst-Korber-Sportzentrums als Notunterkunft und dem damit verbundenen Wegfall als Trainingsstätte ebenfalls stark betroffen vom Thema und wird es vermutlich in der kompletten laufenden Saison weiter sein. „Ursprünglich hat man uns mal gesagt, im September könnte es was werden – gemeint hatte man da eigentlich 2016. Nun müssen wir vielleicht froh sein, wenn es wenigstens bis 2017 geschafft ist.“ Der dank Hilfe des Bezirksamtes von Charlottenburg aktuelle Trainingsplan stehe bis zum 31.12., wie es dann weitergehe beim Deutschen Meister, sei Verhandlungssache. 

Niroomands Bilanz, die irgendwie auch als eine Art Resümee für die ganze Pressekonferenz gelten konnte, lautete: „Es ist äußerst traurig und ein Drama, wie mit dem Berliner Sport umgegangen wird.“ 

(Text: Klaus Weise, Foto: Jürgen Engler)

Hier lesen Sie einen Auszug aus dem Medienecho auf die Pressekonferenz: 

Berliner Morgenpost

Tagesspiegel

rbb

B.Z.